Der REASSURE Report: Eine Kurzfassung

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Der neue VOX-Pol Report präsentiert Erkenntnisse des REASSURE (engl. Researcher, Security, Safety, and Resilience) Projekts, in dem ausführliche Interviews mit 39 Extremismus- und Terrorismus-Forschern abgehalten wurden. Durchgeführt an Universitäten, Forschungsinstituten und Denkfabriken in Europa und Nordamerika, studierten die Interviewer hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, die Onlineaktivitäten von rechtsextremen und gewalttätigen Jihadisten. Der Bericht katalogisiert zum ersten Mal die Bandbreite an Schaden und Leid, die diese Forscher erfahren haben, den Mangel an formalisierten Fürsorgesystemen oder Trainings und aufgrund dessen, deren Abhängigkeit von informellen Netzwerken um mit diesen negativen Auswirkungen umzugehen.

Nun seit Dekaden, nutzen Extremisten und Terroristen Onlinemedien um zu propagandieren, zu rekrutieren, Anschläge zu planen und anschließend live im Internet zu streamen. Forscher erkennen dieses Potential des Internets, folgen ihnen, beobachten jene Aktivitäten und sammeln Daten darüber. Auf vielartige Weise hat das Online-Arbeiten das Erforschen von Extremismus und Terrorismus vereinfacht und sicherer gemacht, jedoch birgt es auch Risiken. In der Vergangenheit wurden die Risiken innerhalb der Forschungs-Community kaum behandelt. Jetzt allerdings hat sich dieser Teilbereich entwickelt und die Risiken und Herausforderungen der Online-Extremismus- und Terrorismus-Forschung werden zunehmend als fundierte & wichtige Gegenstände der Diskussion anerkannt.

Der REASSURE-Bericht ist ein wichtiger Beitrag zu dieser Diskussion. Die Studie konzentriert sich auf 3 zentrale Themen: Der Schaden und das Leid, die Extremismus- und Terrorismus-Forscher erleben, ihre Bewältigungsmechanismen und das (Nicht-) Vorhandensein von institutionalisierten Systemen zur Unterstützung. Hier sind die zentralen Erkenntnisse:

  • Der Glaube der Befragten an die kritische Relevanz und die realen Auswirkungen von Online-Extremismus- und Terrorismus-Forschung wurde bestätigt;
  • Ein Drittel der Befragten berichtete nicht über stärkere Auswirkungen als durch andere Jobs;
  • Zwei Drittel berichteten über negativen Auswirkungen, die Hälfte jener berichtet über signifikante, negative Auswirkungen;
  • Nahezu die Hälfte aller Befragten war sich im vorhinein nicht bewusst über die potentiellen Sicherheitsrisiken, die mit dem Erforschen des Teilbereichs einhergehen;
  • Neun Befragte erhielten Morddrohungen, einige davon waren glaubwürdig.
  • Als sie mit den negativen Auswirkungen konfrontiert wurden, wandte sich mehr als die Hälfte der Befragten an die Forschungs-Community um Hilfe, da sie das Gefühl hatte, dass ihre Arbeit so spezifisch sei und nur die Community sie verstehen konnte;
  • Ungefähr ein Drittel der Befragten hat ihre Forschungsarbeit mit dem Ethikrat besprochen, die meisten davon hatten den Eindruck, dass der Rat hauptsächlich am Schutz der Institution interessiert war;
  • Identität war von Belang im Zusammenhang mit den Auswirkungen, weibliche Forscher und People of Colour waren in ihrer Arbeit stärker beeinträchtigt und zur Zielscheibe von Extremisten geworden;
  • Nachwuchs-Forscher berichteten über die meisten Angriffe, zusätzlich dazu, riskierten sie professionellen Schaden, wenn sie sich aus Sicherheitsgründen aus dem öffentlichen Bereich zurückzogen; (bspw. Medienauftritte, soziale Medien).

Leider haben nur wenige Institutionen passende, formalisierte Trainings, Betreuung oder Unterstützung für (Online-) Extremismus und Terrorismus Forscher angeboten. Oft wurden Forscher sich selbst überlassen und mussten ihre eigenen Wege finden, um mit den Risiken umzugehen. Während eine Handvoll Institutionen Schutzmaßnahmen für „real world“-Forscher anbot, wurden oft die Risiken übersehen, die das Arbeiten in Online-Welten mit sich bringt.

Jetzt ist es Zeit für eine Veränderung. Online-Extremismus- und Terrorismus-Forscher wollen involviert sein und diesen formalen Wandel in Universitäten und anderen Forschungsinstituten vorantreiben um sicherzustellen, dass den Forschern zukünftig ausreichend Führung, Training und Unterstützung geboten wird – insbesondere jenen, die neu in dem Teilbereich sind.

Immer mehr Untersuchungen zeigen wie Menschen, die in anderen Branchen arbeiten, zum Beispiel im Journalismus, im Rettungsdienst, im Technologiesektor oder in humanitären Organisationen, Schäden davontragen, die auf das wiederholte Betrachten von gewalttätigen und hasserfüllten Online-Inhalten zurückzuführen sind. Arbeitgeber und professionelle Organe in diesen Bereichen haben deshalb begonnen, Praxisleitlinien zu erstellen, um ihre Angestellten und Mitglieder zu schützen. Dieser Bericht zeigt, dass Online-Extremismus- und Terrorismus-Forscher teilweise die gleichen negativen Auswirkungen erleben.

Schäden sind nicht unvermeidlich. Vorkenntnisse, Vorbereitung und institutionelle Reaktionsfähigkeit sind der Schlüssel. Es ist Zeit für Universitäten und Denkfabriken von der Arbeit zu lernen, die bereits von u.a. journalistischen Institutionen, Betreibern von sozialen Medien, und humanitären Organisationen geleistet wurde, um sicherzustellen, dass Online-Extremismus- und Terrorismus-Forscher ausreichend unterstützt und geschützt werden. Von zentraler Bedeutung in diesem Vorhaben wird sein, dass die Forschungs-Community in den Prozess der Entwicklung dieser Verfahrensweisen eingebunden ist.

Der REASSURE-Bericht ist der Höhepunkt von Phase Eins des REASSURE Projekts. Er bietet, zum ersten Mal, detaillierte Einsicht in die Herausforderungen, die von Online-Extremismus und Terrorismus Forschern erlebt werden. In Phase Zwei lernen wir von anderen Branchen-Fachleuten und erhalten Kenntnisse über bewährte Praktiken in diesen Bereichen und reflektieren wie jene für und von Online-Extremismus- und Terrorismus-Forschern verfeinert und angepasst werden könnten. In der finalen Phase ist geplant maßgeschneiderte schadensbegrenzende Maßnahmen für Online-Extremismus- und Terrorismus-Forscher zu entwickeln.


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